Diese Wochen sind äußerst ungewöhnlich: Die Notenbank schwächt den Dollar weiter durch eine verbale Intervention und durch die Aussicht auf eine erneute Lockerung der Geldpolitik.
Trotz der anstehenden äußerst wichtigen Kongresswahl Anfang November unternimmt die Notenbank nichts, um die bestehende Administration von Barack Obama zu stützen. Das kommt selten vor.
Wahrscheinlich ist der Widerwillen gegen die mittlerweile als äußerst wirtschaftsfeindlich eingestufte Politik von Obama inzwischen sogar in der Federal Reserve angekommen.
Tatsächlich verliert der von den Pazifisten der Welt als Messias gepriesene Obama zurzeit einen Wirtschaftsfachmann nach dem anderen – selbst der bislang schwächste US-Präsident Jimmy Carter hatte immerhin einen „Weltbankier“ David Rockefeller an seiner Seite.
Vielleicht wartet Bernanke also ab, bis die Republikaner wieder die Macht im Kongress haben – um sie dann mit der richtigen Wirtschaftspolitik zu unterstützen.
Die Fed steht weiter Gewehr bei Fuß
Die Fed erklärte erneut, der Leitzins werde "für längere Zeit" außergewöhnlich niedrig bei nahe Null bleiben. Ferner deutete sie weitere Monsterwertpapierkäufe an: Die US-Währungshüter sind bereit, rasch neue Milliarden in die Wirtschaft zu pumpen. „Quantitative Easing“ heißt das ganze, ich erkläre es Ihnen weiter unten genauer.
Die Notenbanker erklärten nach ihrer Sitzung, sie stünden bereit, zusätzliche Unterstützung zu leisten, um die Wirtschaftserholung anzuschieben und die Teuerung wegen der drohenden Deflation anzuschieben.
Sie sehen also das, was wir vor Wochen schon hier an dieser Stelle analysiert hatten, ist nun von der Fed erstmals ausgesprochen worden: Die Deflation ist das eigentliche Monster, vor dem den Währungshütern graut. Denn sie äußerten sich auch besorgt über die zu geringe Inflation in den USA. Sie liege "etwas unter dem Niveau", das die Federal Reserve anstrebe, um Vollbeschäftigung und Preisstabilität zu sichern.
Alles wartet auf den Dammbruch
Dabei fragen sich die Anleger inzwischen immer stärker, was die Fed überhaupt noch tun kann: Zinsen und der Dollar sind billig. Zehnjährige Staatsanleihen werfen gerade mal 2,5 Prozent ab, bei Inflationserwartungen von 1,6 Prozent in diesem Jahr, 1,5 Prozent im kommenden Jahr und zwei Prozent 2012 bleibt da nicht viel an Rendite übrig.
30-jährige Hypotheken sind in Amerika für lächerliche 4,3 Prozent zu haben.
Die Moody's-"Baa"-Rendite für Unternehmensanleihen mit Laufzeiten von nahe 30 Jahren beläuft sich auf gerade mal 5,66 Prozent.
Meine Vermutung: Wahrscheinlich wird die Fed nach der Kongresswahl Anfang November bis zu 1000 Milliarden Dollar an Staatsanleihen aufkaufen. Das wäre ein Dammbruch sondergleichen – und spätestens dann muss und wird die große Rallye an der Börse starten. Denn auch die Administration will, dass die Nachfrage endlich anspringt und dass wieder Geld ins System fließt.
Die Währungshüter wollen die Firmen, Kommune, Bundesstaaten und Privathaushalte zwingen, endlich wieder Kapital zu investieren und nicht aus Angst Anleihen mit mickrigen Zinsen zu horten.
Bernanke wartet also darauf, dass der Damm bricht und sich endlich das irgendwo aufgestaute Kapital in die Konjunktur ergießt. Die wichtige Frage ist somit: Wo ist das ganze billige Geld geblieben? Meine Vermutung: Das Geld lagert zu einem großen Teil in den Kassen der Konzerne, die sich in der Krise schlank gespart haben und von den günstigen Zinsen profitieren. Dazu gleich weiter unten mehr.
Hausse bei Gold und Euro
Das erste Ergebnis der Fed-Sitzung: Der Dollar ging in die Knie, der Euro zog kräftig von dannen. Kein Wunder, denn wenn die Fed weitere Milliarden in Anleihen pumpt, heißt das nichts anderes, als dass Ben Bernanke die Druckerpresse anwirft.
Denn irgendwoher muss das Geld ja kommen, mit dem er die US-Anleihen zurückkauft. Und eine größere Menge an Papier bedeutet eben, dass der innere Wert des Dollars fällt. Schon zischte der Euro davon – wir sind übrigens auf dem besten Weg, die von mir prognostizierte Marke von 1,38 in der europäischen Gemeinschaftswährung zu erreichen.
Und natürlich zog auch der Goldpreis kräftig davon. Denn das Edelmetall ist mittlerweile eine globale Ersatzwährung in Zeiten der Krise und nichts weiter als ein Wertspeicher: Wenn der Wert des Papiergeldes vernichtet wird, flüchten die Anleger in Sachwerte.
Rohstoff-Währungen sind weiter Trumpf
Und nun widmen wir uns der Frage, wohin eigentlich all das billige Geld fließt, das von der Fed und anderen Notenbanken in den Markt gepumpt wird: Das Kapital fließt in die Rohstoffe. In den Tresoren großer Konzerne lagern Unmengen an Reserven. Dies unterstreicht der Griff des australischen Rohstoff-Giganten BHP Billiton nach dem weltgrößten Kali-Konzern Potash.
Somit stehen sich zwei Giganten gegenüber: China und die australische BHP. Alleine diese Konstellation verdeutlicht, welche Macht hinter dem Austral-Dollar steht. Der zeigt gegenüber dem US-Dollar zwar keinerlei Schwäche, musste aber immerhin gegenüber dem Euro zuletzt Federn lassen – und das auch nur, weil die Fed der europäischen Währung ein Doping verabreichte.
Ich bin weiter sehr bullish in Bezug auf Aktien und auf Rohstoffe gestimmt, bei den Währungen muss allerdings der Austral-Dollar nun irgendwann einmal Schwäche zeigen. Solange im Hintergrund Ängste über den Kollaps von Staaten schwelen – diese blühten gerade erst wieder wegen Irland auf – wird die expansive Geldpolitik anhalten.
Und das bedeutet, dass eine Unmenge Kapital umher vagabundiert. Ein Großteil davon fließt in Commodities, ein noch viel größerer Teil in Anleihen. Während Rohstoffe weiter gefragt sind, wenn die Konjunktur anspringt, wird der Markt für Staatsanleihen irgendwann so vollgesogen sein, dass er das Kapital wieder abgibt.
Und das wird höchstwahrscheinlich Anfang November der Fall sein, wenn die Kongresswahl in den USA gelaufen ist. Dann werden die Aktien davonziehen. Und dies dürfte den Euro stützen.
Wir werden belogen! von Chris Jacobs steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Österreich Lizenz.
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