Der Yen muss fallen


Der Euro zeigt weiter eine ungeahnte Stärke gegenüber dem Dollar ... wer hätte das Anfang Mai gedacht. Noch wesentlich stärker ist aber der Yen. Weitgehend unbeachtet von unseren Qualitätsmedien spielt sich hier die eigentlich interessante Story am Devisenmarkt ab.

Der Yen lässt die Muskeln spielen

Japan hat derzeit ein enormes Problem: Der Yen ist zu stark, er nähert sich gegenüber dem Dollar gerade seinem 15-Jahres-Hoch. Auch gegen alle anderen Währungen legt der Yen kräftig zu. Damit schultert die exportlastige japanische Wirtschaft eine schwere Last, denn Produkte vom Nippon werden nun im Ausland immer teurer.

Bisher hatte Japan seine Wirtschaft über den Export gestützt. Nun aber drehen die USA den Spieß um und sanieren ihre Wirtschaft über den günstigen Dollar und die Ausfuhr gen Asien. Manche Broker sprechen schon vom "Krieg in einer neuen Form".

Ein weiterer Grund für die Stärke des Yen sind die hier an dieser Stelle schon mehrfach angestiegenen Carry Trades: Der Yen ist wegen der niedrigen Zinsen als Verschuldungswährung gefragt. Schon jetzt liegt der Leitzins nahe Null, die Banken erhalten zu 0,1 Prozent Dreimonatskredite. Verbraucherkredite sind nur unwesentlich teurer. Wenn der Risikoappetit der Anleger steigt, klettert auch der Yen.

Die japanische Währung notiert mittlerweile gegenüber dem Dollar so fest wie seit 1996 nicht mehr. Doch nicht nur das: Auch gegen eine solch ultrastarke Devise wie den australischen Dollar hält sich der Yen robust. Der "Aussie" hat wegen der Gold-Hausse der vergangenen Monate und Wochen nahezu gegen jede andere Währung gewonnen. Am Yen jedoch beißt er sich die Zähne aus ... die Zugewinne sind im Vergleich zu anderen Währungen nur moderat, seit ein paar Tagen geht es gar nicht mehr nach oben.

Das Imperium schlägt zurück

Damit stellt sich die Frage, wie das japanische Kaiserreich auf den starken Yen reagieren wird. Meine These: Die Bank of Japan wird intervenieren und den Yen schwächen. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wann. Wahrscheinlich wird es zuerst nur eine verbale Intervention geben, schließlich einen realen Eingriff im Markt, um den Yen nach unten zu bringen.

Masaaki Shirakawa, der Gouverneur der Bank of Japan (BoJ), kann zwar die Zinsen nicht mehr senken, um den Yen zu schwächen. Denkbar wäre aber die Einführung von Sechsmonatskrediten für Banken. Vorbild wäre die Europäische Zentralbank (EZB), die ihren Geldinstituten während der Krise längerfristige Kredite einräumte. Als zweite Option könnte die BoJ auch die Rate für Übernachtkredite unter den Leitzins fallen lassen ... also auf Null. Das würde auf eine Strafsteuer für jeden hinauslaufen, der Geld zur Zentralbank trägt. Das würde es ihr gestatten, das Finanzsystem mit Bargeld zu überfluten, ohne den Leitzins verändern zu müssen.

Sollte die BoJ nichts unternehmen, könnte auch die Regierung aktiv werden. Das Finanzministerium könnte erstmals seit dem Frühjahr 2004 den Yen schwächen, das heißt direkt Dollar ankaufen, respektive Yen verkaufen.

Druck erhalten Währungspolitiker vor allem von den exportorientierten Unternehmen, denn die spüren an der Börse die Abverkäufe. Spätestens wenn der Nikkei unter 9000 Punkte rutscht, wird die Notenbank handeln müssen. Momentan notiert der Aktienindex bei 9642 Zählern.

Yen als Vorläufer für den Euro

Und das ganze Geschehen in Fernost hat auch einige Auswirkungen auf den Euro. Denn der Yen war bislang ein verlässlicher Vorläufer für die Entwicklung unserer Währung. Falls die japanische Zentralbank Dollar ankauft, kurbelt das die Nachfrage an, die den Greenback auch gegenüber dem Euro nach oben ziehen wird. Der Euro ist dank Tokio reif für eine Korrektur. Ich halte Sie auf dem Laufenden!

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