Bürgerkredite: Immer wollen die Banken mitverdienen

Das kennen Sie ja schon von mir. Zu meinem Frühstück gehört die Tageszeitung einfach dazu. Gestern Morgen stach mir direkt folgender Artikel ins Auge: "Leiht sich Aachen demnächst Geld von den Bürgern?"

Städte in Finanznöten

Während sich die große Politik gerade mehr oder weniger professionell mit der Rettung des Euros und der EU (Europäischen Union) beschäftigt, ist eine weitere Facette der aktuellen Finanzkrise fast völlig aus den breiten Medien verschwunden. Sehr vielen Städten und Kommunen geht es finanziell extrem schlecht.

Es gibt für diese prekäre Lage mehrere Gründe. (Auf diese an dieser Stelle einzugehen, würde allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen.) Das Ergebnis spricht auf jeden Fall für sich: Aktuell gibt es immer mehr Städte und Kommunen, die nicht einmal mehr ihre notwendigsten Pflichten bezahlen können. Ein großer Posten in den Haushaltsbüchern ist die Belastung durch Kreditzinsen. Denn auch eine Stadt leiht sich Geld bei den Sparkassen und Banken.

Städte bislang gern gesehene Schuldner

Die Kreditbeschaffung an sich war bis jetzt für die Städte kein Problem. Bislang gingen die Banken davon aus, dass die Pleite einer Stadt ausgeschlossen sei, weil in diesem Falle dann das Land und später der Bund einschreiten würden.

Kredite wurden also recht großzügig und zu relativ geringen Zinsen vergeben. Aber auch relativ geringe Zinsen führen bei einer hohen Verschuldung zu einer erheblichen Belastung der Stadtkassen.

Bürgerkredit senkt Zinsbelastung der Städte

Die Lösung dieses Problems lag auf der Hand. Anstatt sich das Geld von den Banken zu leihen, kann es sich die Stadt auch direkt vom Bürger leihen. Dabei handelt es sich nicht nur um reine Gedankenspiele - tatsächlich gibt es schon erste Erfolgsmeldungen.

So konnte die Stadt Willich in Nordrhein-Westfalen durch Bürgerkredite bereits einen neuen Kindergarten für 1,6 Millionen Euro bauen.

Der Bürger kassiert gute Zinsen

Die Bürger, die der Stadt Willich für den Bau des Kindergartens Geld geliehen haben, erhalten dafür 4% Zinsen pro Jahr ausgezahlt. In der aktuellen Niedrigzinsphase ist das ein durchaus verlockendes Angebot. Gleichzeitig spart die Stadt einen Teil der Zinsbelastung ein, denn der Kredit über eine Bank hätte klar mehr als 4% Zinsen gekostet.

BaFin schreitet ein: Ohne Bank läuft nichts

Bis auf die mögliche, aktuell aber noch recht unwahrscheinliche Pleite einer Stadt, ist das System des Bürgerkredits eine Win-Win-Situation (beide Seiten profitieren): Die Städte sparen Kreditkosten und der Bürger, der den Kredit gibt, erhält eine attraktive Verzinsung seines Kapitals.

Aber jetzt kommt plötzlich wieder eine dritte Partei ins Spiel: So untersagte die BaFin, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, im Oktober 2009 der Stadt Quickborn die Aufnahme eines Bürgerkredits, "weil in dem Bürgerdarlehen ein Bankgeschäft (stecke), das von Kommunen generell nicht getätigt werden dürfe."

Die Banken kassieren jetzt wieder mit

Jetzt müssen die Städte immer eine Bank zwischenschalten. Die Banken tragen keinerlei Risiko - das tragen die Bürger, die den Kredit geben. Aber dafür erhält die Bank eine Gebühr. Also auch noch ein bezahltes risikoloses Geschäft, das den Kredit natürlich wieder teurer macht.

Durch die Zwischenschaltung der Banken wird der Bürgerkredit natürlich wieder deutlich unattraktiver und wahrscheinlich wird auf Dauer auch dieses interessante Modell der direkten Bürgerbeteiligung über kurz oder lang wieder verschwinden.

Ich finde es schon verblüffend, dass die BaFin in einer Finanzmarktkrise, wie wir sie derzeit durchleben, auch noch die Zeit findet, Finanzierungsmodelle zu torpedieren, an denen die Banken ausnahmsweise einmal nichts verdienen würden. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

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